Was braucht mein Koi für sein Wohlbefinden?

Über die Haltungsbedingungen von Koi wurde viel Richtiges und Wichtiges geschrieben. Über die Wasserqualität und die Möglichkeiten der Filterung lassen sich ebenso viele und zutreffende Informationen finden, wie über die Krankheiten der Koi oder über die Ernährung der Koi. Aus vielen Gesprächen mit Koihalter ist die Erkenntnis gewachsen, dass es sich lohnen kann, dieses Thema einmal aus Sicht des Koi, und nicht aus der Sicht des Halters zu betrachten. Dies kann für die Lösung vieler auftretender kleinerer oder größerer Probleme hilfreich sein.

Ein Koi lebt im Wasser

Die wohl wichtigste Tatsache ist, dass der Koi im Wasser lebt. Obwohl dies keine bahnbrechende Erkenntnis ist, lässt sich aus dieser sehr einfachen Tatsache sehr viel Nützliches für die Koihaltung herleiten.

Weil der Koi im Wasser lebt, ist er allen Parametern des Wassers, in dem er lebt, unausweichlich ausgesetzt. Der Koi kann nirgendwo anders hin, auch nicht, wenn er sich nicht wohl fühlt. Es lohn sich immer, sich diese Tatsache zu vergegenwärtigen, wenn man auf der Suche nach Ursachen für ein bestimmtes Verhalten des Koi ist.

Der Koi ist ein wechselwarmes Wirbeltier

Daraus ergibt sich, dass sein gesamter Stoffwechsel in erster Linie von der Temperatur beeinflusst wird. Der Koi kann also seine Körpertemperatur selbst nicht regulieren. Steigt die Temperatur, steigt die Stoffwechseltätigkeit zwangsläufig und umgekehrt. Atmung, Bewegung, Verdauung, Immunsystem, Nährstoffbedarf, Herzfrequenz und Hormonhaushalt hängen unmittelbar mit der Temperatur zusammen. Jede Veränderung der Temperatur erfordert einen unvermeidlichen Anpassungsprozess all dieser Körperfunktionen. Dieser Anpassungsprozess kostet den Koi Energie. Dabei lässt sich sagen, dass der Koi ungefähr pro Grad Celsius Temperaturänderung 1,5 Tage benötigt, um sich dem schonend, und damit ohne Einschränkungen anzupassen. Verändert sich die Temperatur schneller, als die Anpassung dauert, erzeugt dies im Körper des Koi (Überlebens)Stress. Weil der Koi immer nur eine bestimmte Menge an Energie für seine Physiologie aufwenden kann, ist er bei auftretendem Stress gezwungen, Körperfunktionen einzuschränken, um den Mehrbedarf an Energie – z.Bsp. bei zu schnell wechselnden Temperaturen – für den Anpassungsprozess aufzubringen. Generell wirkt sich Stress negativ auf das Immunsystem des Koi aus. An diesem wird –so zu sagen- als erstes Energie eingespart. Eventuell wird die Bewegung reduziert und sogar die Futteraufnahme eingestellt, um Energie zu sparen. Der Koi versucht also in solchen Stresssituationen in erster Line die Lebenserhaltungsfunktionen aufrecht zu erhalten und sich den  veränderten Umständen –hier der Temperatur- anzupassen. Es geht dem Koi also in erster Linie darum, – extrem ausgedrückt- zu überleben.

Ist die Veränderung – z. Bsp. der Temperatur- zu schnell oder zu groß, wird der Koi schlicht sterben, wenn seine Energie nicht mehr für das Aufrechterhalten der primären Lebensfunktionen ausreicht.

Die Umweltbedingungen sind sehr entscheidend

Die völlige Abhängigkeit des Koi von seiner Umwelt (Wasser) am Beispiel der Temperatur, lässt sich nahezu auf alle relevanten Wasserparameter übertragen. Das bedeutet also, dass jede Veränderung der Umweltbedingungen einen energiezehrenden Anpassungsprozess hervorruft. Dies gilt neben der Temperatur auch für den Sauerstoffgehalt, den PH-Wert, den Salzgehalt, die Wasserhärte, den Gehalt an Ammonium und Nitrit ebenso, wie für viele andere Wasserparameter, die Koihalter überhaupt nicht messen (können), aber dennoch eine Anpassung des Koi erfordern. Hierzu zählen die Gassättigung des Wassers oder die Hormonbelastung des Wassers oder die Konzentration von Eiweißen oder Fetten oder auch die Belastung des Wassers mit organischen Stoffen, wie z.Bsp. Schwebalgen, Polleneintrag, Bakterien usw. Treten Veränderungen an mehreren solchen Parametern gleichzeitig auf, potenziert sich der Anpassungsaufwand des Koi entsprechend.

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Achten Sie auf gleichbleibende Bedingungen

Aus diesen Zusammenhängen ergeben sich für das Wohlergehen des Koi viele Erkenntnisse. Es lässt sich sagen, dass möglichst gleich bleibende Wasserbedingungen/Wasserparameter von größter Wichtigkeit sind. Die Kontinuität und Stabilität der Wassereigenschaften ist demnach wichtiger, als einzelne, absolute Werte. Für den PH-Wert beispielsweise lässt sich sagen, dass es für den Koi weniger Stress bedeutet, permanent einem nicht optimalen PH-Wert von bspw. 8,2 ausgesetzt zu sein, als einem täglich stark schwankenden PH-Wert, sagen wir z.Bsp. zwischen 7,2 und 7,8.

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Parameter nur langsam ändern

Es lässt sich auch sagen, dass die Wasserparameter sich so langsam wie möglich ändern sollten, und möglichst wenig Parameter gleichzeitig geändert werden sollen. So ist eine gleichzeitige Veränderung der Temperatur und bspw. der Nitritbelastung deutlich negativer, also die Veränderung nur der Temperatur oder nur der Nitritkonzentration.

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Wenn sich der Koi nicht “normal” verhält

Wenn sich also der Koi nicht „normal“ verhält, lohn es sich immer, darüber nachzudenken, welche Umweltfaktoren sich geändert haben könnten. Dabei wird eine sichtbare Reaktion des Koi so gut wie nie sofort hervorgerufen. Es können wenige Tage oder gar Wochen, in seltenen Fällen sogar Monate vergehen, bis der Koi für den Koihalter erkennbar  auf Veränderungen reagiert.

Sichtbare Symptome können vielfältig sein. Der Koi kann am Boden liegen und die Flossen klemmen. Die Haut kann sich trüben oder die Blutgefäße in der oberen Hautschicht können sichtbar werden. Der Koi kann das Fressen eingestellt haben oder aber er „schnappt nach Luft“ an der Wasseroberfläche. Der Koi kann scheuern oder springen oder aber unnatürlich wild und aufgeregt durchs Wasser schwimmen. Er kann taumeln, mit den Flossen zucken oder apathisch am Wasserzulauf stehen. All das können sichtbare Symptome für geänderte Umweltbedingungen sein.

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Ein gesunder Koi

Ein gesunder Koi hat klare Augen und eine klare Schleimhaut. Er schwimmt ruhig und gleichmäßig. Ein gesunder Koi will immer Fressen (Ausnahme bei sehr niedrigen Wassertemperaturen) und ist an seiner Umwelt interessiert. Er reagiert auf das Herannahen seines Halters. Verhält sich ein Koi nicht so, wie beschrieben, hat er- vereinfacht gesagt- Stress.

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Stress

Stress wirkt sich immer auch auf das Immunsystem aus. Es arbeitet unzureichend. Dies gibt Parasiten, Viren, Bakterien und Pilzen die Möglichkeit, sich im Koikörper ungehindert auszubreiten. So hat z.Bsp. ein Befall des Koi mit Parasiten wie etwa Trichodina in erster Linie etwas mit einem geschwächten, weil gestressten Koi zu tun. Die Schwächung des Koi hat wiederrum, wie gezeigt, sehr häufig mit Veränderungen der Wasserparameter bzw. der Umwelt zu tun. So ist ein Parasitenbefall sicher zunächst auf der Primärebene zu behandeln. Gleichzeitig sollten aber auf der Sekundärebene Überlegungen angestellt werden, was den Koi geschwächt haben könnte. Welche Werte können sich (zu schnell) verändert haben? Oft wird man als Halter dann feststellen, dass sich etwas geändert hat. Es kann z.Bsp. die UV-Lampe ausgefallen sein und deshalb hat sich der PH-Wert erhöht, oder die Lüftersteine der Belüftung sind zugewachsen, sodass der Sauerstoffwert gesunken ist. Vielleicht war auch der Wasserwechsel vom Volumen zu groß und dadurch haben sich Temperatur oder Härte zu schnell verändert.

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Gewonnene Erkenntnisse nutzen

Die dabei gewonnen Erkenntnis helfen dem Halter sehr, seinen Teich und seine Anlage besser zu verstehen und gemachte Fehler als solche zu erkennen. Dies ist für die erfolgreiche Koihaltung sehr nützlich. Wenn das Wohlbefinden des Koi erzeugt werden soll, pflegt der Koihalter in erster Linie nicht den Koi selbst, sondern vor allem und zuerst das Wasser, in dem der Koi lebt. Können wir die Umwelt des Koi und seine unbedingte Abhängigkeit davon verstehen und entsprechend förderlich einstellen, sind die besten Voraussetzungen für eine gesunde Koihaltung geschaffen.

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So hoffe ich, dass durch diesen Beitrag es dem einen oder anderen Koihalter gelingen mag, seine Koi besser zu verstehen und gemachte Fehler in der Haltung schneller zu erkennen und abzustellen- zur Freude des Koihalters und des Koi selbst-.

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Shinkokai